vom 10. bis 12. April 2025 in Berlin, im Haus der Demokratie:
Ort: Haus der Demokratie
Greifswalder 4, Berlin
Eintritt – um Spenden ab € 50 wird gebeten;
IBAN: DE56 8309 4495 0003 4129 11
Krieg und Frieden
Wir laden zu einem Kongress ein, der versucht, die schrecklichen Kriegsgeschehen in der Ukraine und in Gaza und die gewaltsame Entwicklung in Syrien in ihrer Entwicklung zu verstehen und die Konsequenzen der Waffenlieferungen und Kriegsvorbereitungen, der Steigerung der Rüstungsproduktion durch die Bundesregierung nachzuvollziehen. Wir wollen auch die mentalen Veränderungen in verschiedenen Gruppen der Gesellschaft und der Gesamtgesellschaft in den Blick zu nehmen. Dazu gehören auch Überlegungen, ob und wie eine neue Friedensbewegung so in Bewegung kommt, die die gegenwärtige Entwicklung zu stoppen vermag. Andernfalls treibt diese Entwicklung auch in Europa Deutschland zu einem großen Krieg.
Die Vorbereitungsgruppe
Als Mitwirkende haben zugesagt, mit folgenden vorläufigen Kurztiteln:
Rudolph Bauer. „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“
Eva Borst. Krieg gegen die Kinder
Sara El Bulbeisi. Tabu und Trauma: Palästinenser*Innen in Deutschland
Christian Dewanger. Der Krieg war nie weg
Wolfgang Effenberger. Die künftigen Konflikte – Ursachen und Wege aus der Gefahr
Leo Ensel. Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung des Ukraine Krieges stumm und folgenlos?
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann. Der Mensch als Waffe und Kriegsschauplatz
Mark Galliker und Daniel Weimer. Warum wird Kriegspolitik unterstützt?
Karin Leukefeld. Lage in Nah-Ost
Michael Meyen. Journalismus und Macht. Warum die Leitmedien ihren öffentlichen Auftrag nicht erfüllen
Ingrid Pfanzelt. Psychologische Reflexion einer Ärztin und Friedensaktivisten
Corinna Oesch. Das Omniwar Konzept und die gegenwärtige Friedensbewegung
Doris Pumphrey. Die Friedensbewegung in Deutschland im Spannungsfeld zwischen der alten und der neuen multipolaren Weltordnung
Christiane Reymann. (Titel wird nachgereicht)
Stefan Ripplinger. Militante Kunst
Werner Rügemer. Der US-Kapitalismus als Kriegstreiber und die Neuordnung der Weltgesellschaft
Laura von Wimmersperg. Friedensarbeit als Aufklärungsarbeit
Wir setzten Sie auf die Warteliste und melden uns bei Ihnen, sollten gebuchte Plätze wieder frei werden
Programm mit Abstracts
Rudolph Bauer
„Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“
Am Eingang zum Panzermuseum Munster in der Lüneburger Heide lesen wir: „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg.“ Das Zitat ist als eine Formulierung von Walter Benjamin aus dem Jahre 1926 kenntlich gemacht. Es lässt sich – aus dem Zusammenhang gerissen – unschwer als deutsche Version des bekannten lateinischen Sprichworts deuten, das da lautet: „Si vis pacem para bellum“ – Wenn du Frieden willst, bereite dich für den Krieg vor. Dieses Motto rechtfertigt Waffenproduktion und Rüstungsausgaben, Kriegspropaganda und Überwachung, Militär und Militarisierung, Mord an Zivilisten, Vergewaltigungen, Genozid und totale Zerstörungen.
Dem Benjamin-Satz geht jedoch folgende Feststellung voraus: „Die eigene Friedensliebe zu betonen, liegt denen nahe, die den Krieg gestiftet haben.“ Das heißt: Die Kriegshyänen, sie reden vom Frieden. Die Friedfertigen aber, sie reden ebenfalls vom Frieden. Die Rede der Friedenswilligen indessen müsste nach Benjamin eine vom Krieg sein. Das verschweigt die Inschrift des Panzermuseums. Der Benjamin-Satz, „wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“, besagt, dass es für den Frieden darauf ankommt, über den Krieg zu sprechen. Dass der Friedenswille darin zum Ausdruck kommt, den Krieg zu thematisieren. Nicht den Frieden zu beschwören, verhindert Kriege, sondern den Krieg in all seiner menschenverachtenden Brutalität zu verdammen und verhindern zu helfen, das dient dem Frieden. Gegen Barbarei helfen keine Gedenktage, Friedensgottesdienste und Blumengebinde.
Der geplante Beitrag für den NGfP-Kongress „Krieg und Frieden“ wird zum einen der Frage nachgehen, wie sehr sowohl das pazifistische Reden vom Frieden als auch die so genannten Friedensberufe der ‚zivil-militärischen Zusammenarbeit‘ im Gesundheits- und Bildungswesen der Militarisierung und den Kriegen Vorschub leisten, absichtlich oder ungewollt. Zum anderen ist zu klären, warum eine ernst zu nehmende Antikriegs-Friedensbewegung einerseits Militanz zu beweisen hätte, statt wohltemperiert vom Frieden zu schwärmen, und wie diese Militanz sich andererseits zu äußern vermag;
Kurzvita: Rudolph Bauer (* 1939): Studium u. a. der Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie in München, Erlangen, Frankfurt/Main und Konstanz; Abschluss als Dr. phil.; Forschungsassistent am Psychologischen Institut der Universität Gießen; Vertretungsprofessor an der Uni Gießen; 1972–2002 Ass.-Prof. und ab 1979 Prof. (für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen) an der Universität Bremen, unterbrochen durch einjährige Tätigkeit am Fremdsprachen-Institut der Universität Beijing (VR China) und am Institute für Policy Studies der John Hopkins University in Baltimore (Mass./USA). Schriftsteller (Lyrik) und Künstler (Bildmontagen). Jüngste Veröffentlichungen: Von Covid-19 zu Putin-22 (Neue politische Lyrik, 2022); Edition Kunst (#1 bis #6, 2023–24); Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus (Heft 1 bis 4; 2024–25).
Armin Bernhard
Zur Notwendigkeit einer Pädagogik der Kriegsuntüchtigkeit
Pädagogik der Kriegsuntüchtigkeit begreift sich als eine Form geistiger Abrüstung, die gegen den perversen Versuch gerichtet ist, Menschen kriegstüchtig zu machen. Kriegsuntüchtigkeit ist die unersetzliche Bedingung von Friedensfähigkeit. Nur wer kriegsuntüchtig ist, kann friedensfähig werden! Dem Tüchtigmachen für den Krieg, denn nichts anderes bedeuten Kriegstüchtigkeit und die für sie fundamentale gesellschaftliche Resilienz, muss in Friedensbewegung und Friedensarbeit die Tugend der Kriegsuntüchtigkeit entgegengestellt werden. Kriegstüchtigkeit führt auf allen Ebenen in den geschichtlichen Abgrund. Es ist gerade die Kriegsuntüchtigkeit, die nicht nur, aber insbesondere auch im Rahmen der bestehenden Verhältnisse zur fundamentalen Tugend wird. Der Vortrag fragt danach, welche Fähigkeiten die neue Tugend der Kriegsuntüchtigkeit konstituieren, und welche Aufgaben sich hieraus für die Pädagogik ergeben.
Kurzvita: Armin Bernhard, von 2003–2023 Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen, Standort Essen, Arbeitsschwerpunkte: Praxisphilosophische Pädagogik, Erziehungs- und Bildungstheorie, kritische Friedenspädagogik.
Sarah El Bulbeisi
Tabu und Trauma: Palästinenser*innen in Deutschland
Obwohl zutiefst verflochten mit der Geschichte des Nationalsozialismus, wird die Nakba, die systematische Vertreibung von Palästinenser*innen, aus dem deutschen kollektiven Gedächtnis und öffentlichen Diskurs ausgegrenzt, israelische Staatsgewalt weitgehend tabuisiert. Die Folgen für Palästinenser*innen in Deutschland sind gravierend. Der Vortrag befasst sich mit diesen genauer.
Kurzvita: Sarah El Bulbeisi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Orient-Institut Beirut (OIB) und promovierte am Institut für Nah- und Mitteloststudien der LMU München. Sie ist die Autorin von „Tabu, Trauma und Identität: Subjektkonstruktionen von PalästinenserInnen in Deutschland und der Schweiz, 1960 bis 2015“ (transcript, 2020).
Christian Dewanger
Der Krieg war nie weg…
Die Annahme, dass Europa Jahrzehnte des Friedens erlebt habe, ist überhaupt nur richtig, wenn man Krieg als materiellen Akt mit militärischen Mitteln versteht und der gängigen Definition folgt. „Als Krieg wird ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind“ belehrt uns Wikipedia. Aber diese Definition trügt, und dass nicht erst seit der „Cognitive Warfare“ der Nato, die uns bereits im Krieg mit Russland sieht, der eben nur mit Computern und Informationen und nicht mit Waffen und Gewalt ausgeführt werde. Nein, diese Definition trügt, weil der eigentlich den – auch allen militärischen mit Waffen – geführten Kriegen zugrundeliegende Konflikt, der unter Einsatz erheblicher Mittel und von planmäßig vorgehenden Kollektiven betrieben wird, in der Definition nicht angesprochen wird: die kapitalistische Unterwerfung des Subjekts.
In Kriegszeiten wird dieser grundlegende Unterwerfungskonflikt nur öffentlich sichtbar, weil die Optionen der Verschleierung an ihre Grenzen stoßen, aufgrund des Umstandes, dass es nicht nur ein, sondern mehrere Kollektive gibt, die an der kapitalistischen Unterwerfung der Subjekte interessiert sind. Offene Kriege sind im Prinzip nur Revierkämpfe darum, welches Kollektiv in welchem Terrain die Subjekte ausbeuten darf. Entsprechend sind von Kriegen auch nur die Subjekte der Massen, nicht aber die Subjekte der ausbeutenden Kollektive betroffen.
Friedenszeiten sind entsprechend nur Zeiten des Waffenstillstandes zwischen diesen Kollektiven, in denen der eigentliche Konflikt kapitalistischer Ausbeutung verschleiert ist. Tatsächlich sind die Staatsformen und Herrschaftsformen irrelevant. Ob im Dritten Reich, im Stalinismus, in der DDR, in der EU, China oder den USA – immer werden die Subjekte Kapitalinteressen unterworfen und wird somit ein „Krieg“ gegen das Subjekt-Sein, das Mensch-Sein geführt
Und auf diesen, vor allem im Subjekt angelegten und geführten Krieg, versucht dieser Vortrag ein paar Schlaglichter zu werfen. Er folgt der Spur herbeigeführter Entfremdung der Subjekte, ihren Mechanismen und Wirkungen. Aber er folgt auch den Ansätzen und Möglichkeiten des Widerstandes und der Gegenwehr durch die Subjekte.
Kurzvita: Dr. phil., Dipl.-Paed. Christian Dewanger hat nach dem Studium der Erziehungswissenschaften in Psychologie zu dem Thema Identität promoviert. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Interdisziplinären Institut für Umwelt- Sozial und Humanwissenschaften, Abteilung Psychologie. Neben der wissenschaftlichen Tätigkeit widmet er sich vor allem der Aufgabe, Menschen Taijiquan und Qigong beizubringen.
Wolfgang Effenberger
Die künftigen Konflikte – Ursachen und Wege aus der Gefahr
In meinem Vortrag „Die künftigen Konflikte – Ursachen & Wege aus der Gefahr“ werde ich auf die Wurzeln der heutigen Kriegspolitik eingehen, die bis zum Ersten Weltkrieg reichen. Nach Auflösung der Warschauer Vertragsstaaten und dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden mit der Wolfowitz-Doktrin (neue „Verteidigungsausrichtung“) die Voraussetzungen für die heutigen kriegerischen Aktivitäten geschaffen, die die Geostrategische Ziele der USA erkennen lassen. Abschließend soll der Versuch gewagt werden, Wege aus der Gefahr zu suchen.
Kurzvita: Wolfgang Effenberger, 1946, kurz nach der Vertreibung der Eltern aus Schlesien in Lohne (Oldbg) geboren, erhielt als Pionierhauptmann bei der Bundeswehr tiefere Einblicke in das von den USA vorbereitete „atomare Gefechtsfeld” in Europa. Nach zwölfjähriger Dienstzeit studierte er in München Politikwissenschaft sowie Höheres Lehramt Bauwesen/Mathematik und unterrichtete bis 2000 an der Fachschule für Bautechnik. Seitdem publiziert er zur jüngeren deutschen Geschichte und zur US-Geopolitik und setzt sich mit Reden und Vorträgen aktiv für den Frieden ein. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Analysen. 2014 veröffentlichte er gemeinsam mit dem ehemaligen Staatssekretär Willy Wimmer das Buch „Wiederkehr der Hasardeure – Schattenstrategien, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute“, in dem die aktuelle Kriegssituation bereits vorweggenommen wurde.
Im 2020 erschienenen „Schwarzbuch EU & NATO – Warum die Welt keinen Frieden findet“, schrieb der österreichische Ethnologe, (Ethno-)Historiker und Politikwissenschaftler, Hermann Mückler, seit 2016 Präsident des Dachverbandes aller österreichisch-ausländischen Gesellschaften (PaN – Partner aller Nationen) im Vorwort, dass im Buch komplexe Zusammenhänge die Bandbreite möglicher Handlungsstrategien aufzeigen und deutlich gemacht wird, dass „wir Optionen hatten und haben, den Dingen andere, bessere Wendungen zu geben. In diesem Sinn kann der Autor in einer Linie mit Noam Chomsky und anderen wichtigen Warnern, Aufdeckern und Freunden einer friedlichen Entwicklung der Weltgesellschaft gesehen werden.“
Leo Ensel
„Apathie und Schockstarre – Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung des Ukrainekrieges stumm und folgenlos?“
61 Prozent der Bundesbürger äußerten Februar 2024 einer INSA-Umfrage zufolge die Befürchtung, der Ukrainekrieg könne sich auf NATO-Gebiet ausweiten. Warum aber bleibt diese allgemeine unterschwellige Unruhe – im Gegensatz zu den Achtziger Jahren – stumm und auf der Handlungsebene weitestgehend folgenlos? Warum geht im Vergleich zu den stark frequentierten Demonstrationen „Für ein buntes, weltoffenes Deutschland“ bzw. „Gegen rechts!“ oder auch Christopher Street Day-Umzügen nur eine verschwindend kleine Minderheit gegen die täglich wachsende Kriegsgefahr auf die Straße? Warum ist die Generation der jungen Umweltschützer auf dem rüstungspolitischen Auge blind? Was macht es überhaupt so schwer, auf die atomare Bedrohung kognitiv und emotional ‚angemessen‘ zu reagieren?
Kurzvita: Dr. Leo Ensel („Look at the other side!“) ist Konfliktforscher und interkultureller Trainer mit Schwerpunkt „Postsowjetischer Raum und Mittel-/Ost-Europa“. Veröffentlichungen zu den Themen „Angst und atomare Aufrüstung“, zur Sozialpsychologie der Wiedervereinigung sowie Studien über die Deutschlandbilder im postsowjetischen Raum. Im Neuen West-Ost-Konflikt gilt sein Hauptanliegen der Überwindung falscher Narrative, der Deeskalation und der Rekonstruktion des Vertrauens.
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
Der Mensch als Waffe und Kriegsschauplatz
Um Kriege zu führen, braucht es die Zustimmung der Bevölkerung. Wie diese von Null auf Hundert zu erreichen ist, zeigt das Musterbeispiel des US-Kriegseintritts 1917 unter Präsident Wodrow Wilson in den Ersten Weltkrieg. Er gewann seine Wiederwahl mit dem Versprechen, die USA nicht an dem Krieg zu beteiligen. Nach seiner Wahl vertrat er das komplette Gegenteil. Weil die Bevölkerung ihm nicht folgen wollte, ihn als „Friedenspräsidenten“ gewählt hatte, sollten drastische Maßnahmen gegen Kriegsgegner seinen Kurswechsel unterstützen. Zum Durchbruch verhalf aber erst das „Programm“ der Propagandisten um Freud-Neffe Edward Bernays, die die Zustimmung mit psychologischer Softpower erreichten.
Rund 100 Jahre später ist die psychologische Steuerung in Richtung „Kriegstüchtigkeit“ nicht nur auf Basis aller bis dahin bekannter Manipulationslisten (vom chinesischen Altmeister Sunzi über den italienischen Fürstenberater Machiavelli) weiter gediehen, auch die Art der Kriegsführung – gegen die eigene Bevölkerung – findet nicht allein auf der vordergründig wahrnehmbaren militärischen statt.
Krieg wird heute auf verschiedenen Ebenen an unterschiedlichen Fronten und auf unterschiedliche Weise geführt. Hybride Kriegsführung ist dafür der Begriff. Beteiligt sein können auch solche Kräfte, die beabsichtigen, sich für Frieden einzusetzen. Ein Stichwort in diesem Zusammenhang ist die – in der Regel unsichtbare – kognitive Kriegsführung. Paradebeispiel dafür ist die Operation Corona, die sich gegen große Teile der Menschheit gerichtet hat – ohne dass dies erkannt wurde und auch immer noch nicht in dieser Funktion erkannt wird. Entsprechend dem offiziellen Programm der NATO wird der Mensch selbst zum Kriegsschauplatz. So wurde im Corona-Szenario jeder zur Waffe gegen jeden – Kinder wurden zur Lebensbedrohung ihrer Großeltern stilisiert.
Die US-Kriegsmaschinerie mit ihrer NATO setzt auf Feindbild-Trojaner. In der Linken und der Friedensbewegung findet sie willige Helfer. Der Politikwissenschaftler Rudolph Bauer spricht von NATO-Strategemen – z.B. diesem: „Die Monster dramatisieren die Zukunft, damit die Gegenwart weniger bzw. überhaupt nicht dramatisch erscheint.“ Mit Ankündigungen wie der Raketenstationierung ab 2026 wird das aktuelle heimtückische Operieren aus dem Blickfeld manövriert.
Das gilt es zu erkennen, um dann Gegenstrategien zu entwickeln. Dafür braucht es auch Psychologen, die nicht im Auftrag der NATO vernebeln, sondern solche, die mitwirken, die Aufklärungsblockade zu durchbrechen.
Kurzvitae: Anneliese Fikentscher ist Fotoingenieurin und hat Theater‑, Film- und Fernsehwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Sie ist Vorsitzende des Bundesverbands Arbeiterfotografie.
Andreas Neumann hat technische Informatik studiert und arbeitet als Systemanalytiker. Er ist Gründungsmitglied des Bundesverbands Arbeiterfotografie und Mitglied in dessen Vorstand.
Beide betreiben gemeinsam die Galerie Arbeiterfotografie in Köln, geben die Quartalsschrift DAS KROKODIL heraus , sowie die Online-Publikation Neue Rheinische Zeitung (NRhZ.de), sind Mitinitiatoren der Kampagne „NATO raus – raus aus der NATO!“ und des „Neuen Krefelder Appells“ und sind aktiv in FriedensAGs der Partei dieBasis.
Mark Galliker & Daniel Weimer
Warum wird Kriegspolitik unterstützt?
Da die Tendenz vieler Menschen zu Parteien, welche die Politik im Sinne des Kapitals bis hin zu Kriegen fördern, wohl kaum mehr v.a. auf verdrängte Sexualität zurückgeführt werden kann (Reich, 1933), gilt es, die „Massenloyalität“ (Bruder, 2013) neu zu überdenken. Bei den bisherigen Versuchen, die Schere zwischen den sozioökonomischen Voraussetzungen, die eine Orientierung nach links nahelegen und der Ideologie, die nach rechts weist, zu erklären, wurde die Warenform zwischenmenschlicher sowie wirtschaftlicher Beziehungen zu wenig berücksichtigt. Diese führte zu einer Verkehrung des Bewusstseins, dass dasjenige, was Menschen selbst tun, ihnen als fremde, irreversible, quasi natürliche Sachverhalte zurückgespiegelt wird. Mithin sehen sie sich selbst mit vielfältigen Wert- und Geltungsproblemen konfrontiert. So messen die Massenmedien einigen wenigen Personen immer größere Geltung zu, während Personen an der Peripherie des Geschehens bedeutungslos werden. Viele Menschen kompensieren dies über die Abwertung von Fremdgruppen, was eine Aufwertung der eigenen Gruppe ermöglicht, bei der fortschreitenden Isolierung der Menschen indes oft nur noch über die Bedeutung der Nationalität realisierbar ist. Dies spaltet die Lohnabhängigen und unterläuft jeden Internationalismus, die wichtigste Voraussetzung des Friedens. Zwar gehören die meisten Mitglieder der Fremdgruppe zur gleichen Klasse wie jene der Eigengruppe, so dass sich die beiden Gruppen in vielen Belangen kaum unterscheiden, doch nach der Theorie von Tajfel (1978) und zahlreichen empirischen Untersuchungen führen gerade minimale Differenzen zu einer maximalen Abwertung und Diskriminierung der Fremdgruppe.
Kurzvitae: Prof. Dr. phil Mark Galliker, Institut für Psychologie der Universität Bern. Eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut pca.acp/FSP. Forschungsarbeiten in den Bereichen Medienpsychologie, Psychotherapie und Philosophie. Letzte Veröffentlichungen: Menschenbild und Lebensform (Psychosozial-Verlag, 2018) und Sozioökonomie und Psychotherapie (Pabst, 2022).
Dr. phil. Daniel Weimer, Dipl.-Psych., Psychologischer Psychotherapeut und Psychoanalytiker (DPV, IPV/IPA, DGPT) sowie Dozent, Supervisor und Selbsterfahrungsleiter mit eigener Praxis in Mannheim. Studium in Heidelberg, Edinburgh und Wien, wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität Heidelberg. Das Buch „Psychologie der Verständigung“ (mit Mark Galliker, Kohlhammer 2006) erschien 2013 in Charkiw/Ukraine auf Russisch (Verlag Humanitarian Centre). Weitere Veröffentlichungen u. a. zu sprachlicher Diskriminierung und Migrationsdiskursen, zu psychosomatischen Fragestellungen sowie zur Psychoanalyse und ihren Anwendungen. Anerkannter Kriegsdienstverweigerer nach Art. 4 Abs. 3 GG; in verschiedenen berufspolitischen Gremien aktiv.
Karin Leukefeld
Nach der Verwüstung von Gaza
Seit mehr als 100 Jahren gehören Vertreibung und die Zerstörung von Lebensgrundlagen sowie ziviler Infrastruktur zu den Werkzeugen, mit denen westliche, imperiale Staaten mit kolonialer Vergangenheit sich im Nahen und Mittleren Osten Land aneignen wollen, das ihnen nicht gehört. Der Staat Israel hat die Vertreibung der Palästinenser seit der »Nakba« 1948 geradezu systematisiert. Er folgt damit den Staaten, die sich schon während des Ersten Weltkrieges über die ehemaligen arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches hermachten, das seinem Niedergang entgegensah.
Die Menschen in den arabischen Provinzen waren sehr verschieden in Kultur, Religion und Lebensart, hatten aber über Jahrhunderte miteinander oder nebeneinander gelebt, ohne ihre Sprache, ihre Religion, ihre Lebensweise, ohne ihr Land oder ihre Häuser aufgeben zu müssen. Sie hatten Pläne für Unabhängigkeit, staatliche Souveränität, Bildung und Handel, um jenseits der osmanischen Hegemonie Land und Leute entwickeln zu können. Sie vertrauten den falschen Versprechen der europäischen imperialistischen Kolonialmächte, die angaben, sie unterstützen zu wollen.
An dem Muster hat sich bis heute wenig geändert. Die Akteure von einst bewaffnen und schützen Israel, das die US-amerikanischen und europäischen Interessen in der Region bewacht und alle Regeln zerschlägt, die nach den großen Kriegen im 20. Jahrhundert in der UN-Charta und anderen Abkommen niedergeschrieben wurden.
Wer sich wehrt, wird als „Terrorist“ gebrandmarkt. Wer sein Land nicht verlassen will, wird drangsaliert, vertrieben, verhaftet oder getötet. Oder er unterwirft sich und verkauft sein Land, verrät seine Mitmenschen, verachtet Kultur und Geschichte seiner Region und der Menschheit.
Die Referentin spricht über die Zerstörung der Region, an der auch Deutschland beteiligt ist. Sie spricht über den Widerstand gegen die anhaltende Einmischung, das Schweigen in Deutschland gegen das Unrecht und die Rolle der Medien.
Kurzvita: Karin Leukefeld hat Ethnologie, Islamwissenschaften, Politik und Geschichte studiert und eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolviert. Seit dem Jahr 2000 arbeitet sie als freie Journalistin zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Persischen Golfregion für deutschsprachige Medien in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz. www.leukefeld.net
Michael Meyen
Journalismus und Macht – Warum die Leitmedien ihren öffentlichen Auftrag nicht erfüllen
Demokratietheorie, Mediengesetzgebung, Berufsethik: Wir alle wissen, was der Journalismus liefern soll – Vielfalt vor allem, damit wir abwägen, vergleichen und uns dann selbst eine Meinung bilden können. Wir kennen zugleich die Wirklichkeit: Die Leitmedien sind zum Sprachrohr der Regierungen geworden, schränken den Debattenraum ein, verteufeln jede Kritik und werden so zum Kriegstreiber. Der Vortrag erklärt, wie das passieren konnte, und zeigt dabei, dass der Journalismus wie in einem Sandwich zerquetscht wird zwischen Regierungspropaganda und Plattformzensur.
Kurzvita: Michael Meyen hat noch in der DDR begonnen, Journalistik zu studieren, und ist seit 2002 Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Aktuelle Bücher: Die Propaganda-Matrix (Rubikon 2021), #allesdichtmachen. 53 Videos und eine gestörte Gesellschaft (mit Carsten Gansel und Daria Gordeeva, Ovalmedia 2022), Wie ich meine Uni verlor (edition ost 2023), Cancel Culture (Hintergrund 2024) und Der dressierte Nachwuchs (Hintergrund 2024).
Corinna Oesch
Das Omniwar-Konzept und die gegenwärtige Friedensbewegung in Österreich, Deutschland und der Schweiz
Differenzen, Abgrenzungsversuche und Spaltungen prägen die gegenwärtige Friedensbewegung in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Obwohl die drei genannten Länder in unterschiedlicher Weise in den Ukraine- und Gaza-Krieg involviert sind, ähneln sich die Hintergründe für die Uneinigkeit unter den friedensbewegten Menschen: Es geht um Divergenzen in der Bewertung des politischen und medialen Diskurses seit der sogenannten „Pandemie“, und – so meine These – um eine unterschiedliche Auffassung vom Wesen des Krieges an sich. Zum besseren Verständnis der Differenzen um den Begriff des Krieges erscheint eine Auseinandersetzung mit David A. Hughes‘ Konzept des „Omniwar“ als hilfreich. Hughes meint damit einen verdeckten, nicht deklarierten Krieg gegen die Bevölkerung, der von der herrschenden, transnational agierenden Klasse mit dem Ziel lanciert wurde, eine Technokratie zu installieren. Hughes sieht mit der Ausrufung einer Pandemie 2020 in Wahrheit den Dritten Weltkrieg eröffnet, der allerdings mit völlig anderen Mitteln geführt wird als die beiden vorangegangenen Weltkriege. In der gegenwärtigen Friedensbewegung in Österreich, Deutschland und der Schweiz haben sich infolge der unterschiedlichen Bewertung der Corona-Jahre zwei bzw. drei Lager in der Friedensbewegung herausgebildet. Das erste besteht aus jenen, die nur territoriale Kriege wahrnehmen und sich selbst in der Tradition älterer Friedensbewegung sehen, das zweite Lager bilden jene, die wachsam gegenüber neuen Kriegstechniken und einem alle Bereiche des Lebens umfassenden „Omniwar“ sind, und einem dritten Lager, das zwar in einigen Punkten die kritischen Sichtweisen des zweiten Lagers teilt, aber darum bemüht ist, diese aus der Friedensbewegung herauszuhalten, um ihr einen größeren Zulauf zu sichern. In meinem Vortrag möchte ich einen Überblick über die jüngsten Ereignisse und Prozesse in der Friedensbewegung der besagten drei Länder geben und eine Diskussion dazu anregen, welche Aspekte der psychologischen Kriegsführung in der Abwehr und Verdrängung des Krieges gegen die Bevölkerung unter friedensbewegten Menschen wirksam sind und welche Möglichkeiten es gibt, diese Mechanismen zu durchbrechen.
Kurzvita: Corinna Oesch ist Historikerin aus Wien und im Bereich der Zeitgeschichte tätig. Ihre Schwerpunkte sind historische Frauen- und Friedensbewegungen, transnationale Geschichte und Auto/biografie-Theorie und ‑Forschung. Sie ist Mitglied der Freien Linken in Österreich und als Aktivistin in der Bewegung zur Aufklärung der mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschheit im Gefolge der Ausrufung einer „Pandemie” 2020 mit zahlreichen Gruppen in Österreich, Deutschland und der Schweiz vernetzt.
Christiane Reymann
Systemkritik in Sklavensprache?
DIE LINKE hat bei den Bundestagswahlen 2025 unerwartet gut abgeschnitten, schwächer hingegen das BSW. Dieses Ergebnis sagt jedoch nicht viel über den Zustand der gesellschaftlichen Linken in Deutschland aus. Unterstellt, dass „rechts“ und „links“ noch hilfreich für eine grobe Einteilung politischer Spektren ist, fragt sich, ob Verlust resp. Vermeiden der eigenen Begriffe, ob Waffenlieferungen in den Ukraine-Krieg (DIE LINKE) oder Zurückweisung von Asylsuchenden an den Grenzen (BSW) kapitalismuskritisches Denken, ob sie Strategien zur Überwindung von Ausbeutung und Krieg befördern oder doch eher anschmiegsam umformen.
Meine These: Die gesellschaftliche Linke ist dramatisch in der Defensive. Dramatisch, weil Kriegstüchtigkeit der Vorhof von Krieg ist und Armut Vieler die Hinterlassenschaft des erodierenden Sozialstaates. Ich begebe mich auf Spurensuche nach dem Warum dieses Zustandes.
Kurzvita: Nach dem Studienabschluss als Diplom-Politologin in Marburg habe ich als Journalistin gearbeitet, die längste Zeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen, auch Print-Medien, ich schreibe Bücher, meistens mit Wolfgang Gehrcke, zum Nahen Osten (Syrien, Verhältnis zu Israel), seit 2014 zur deutschen Russlandpolitik und zum „willkommenen Krieg“ in der Ukraine, Publikationen zu linker Strategie und Taktik. Ich war in der DKP, habe die PDS/Linke Liste mit gegründet, später DIE LINKE, die Europäische Linkspartei (EL), war immer ehrenamtlich aktiv in der Partei und vor allem, inzwischen ausschließlich, außerparlamentarisch.
Ingrid Pfanzelt
„Zeitenwende“: psychoanalytische Reflexionen einer Ärztin und Friedensaktivistin über ein brennend aktuelles Phänomen
Seit der Rede des Bundeskanzlers Scholz vor drei Jahren ist nichts mehr so wie vorher. Die Zeit hat sich gewendet. Nur wohin? Die Richtung ist klar: zu mehr Gewalt und Krieg. Vorbei sind die Zeiten in denen Konflikte gewaltfrei gelöst werden sollten. Nun ist Aufrüstung angesagt. Die Militarisierung der Gesellschaft ist in vollem Gange. Überall sehen wir Soldaten, Züge mit Kriegsgerät rollen gen Osten, selbst Straßenbahnen tragen Tarnfleck. Das Gesundheitswesen wird per Gesetz für den Kriegsfall umgebaut. Auch für eine nukleare Katastrophe gibt es Vorbereitungen. Als ob es eine Chance gäbe, den Atomkrieg zu überleben.
Damit sollen wir uns an die Normalität des Krieges gewöhnen. Schleichend sickert der Krieg in unser Unterbewusstsein. Das ist kognitive Kriegsführung. Wir stecken mittendrin.
Die Wende hat aber nicht erst mit der Rede des Bundeskanzlers begonnen. In der Corona Zeit sollten wir uns gegeneinander wenden. Es war politisch gewollt, uns gegenseitig zu diffamieren, denn dann konnten die Maßnahmen durchgesetzt werden. Die Corona – Propaganda leistete ganze Arbeit. Wir sind immer noch eine gespaltene Gesellschaft, eine Versöhnung liegt in weiter Ferne.
Warum wird das alles so unwidersprochen hingenommen? Warum gibt es nicht mehr Widerstand? Wo ist unsere gesunde Resilienz gegen diese zerstörerische Corona – und Kriegspropaganda?
Das was gerade passiert können wir als krank bezeichnen. Welche Diagnose würden wir als Psychotherapeuten einem Patienten geben der in höchstem Maße autodestruktiv ist? Die Corona – Maßnahmen waren eine Aggression nach innen, gegen die eigene Bevölkerung. Nun richtet sie sich nach außen, gegen einen Feind aus dem Osten. Hinter jeder destruktiven Aggression verbergen sich unbewusste Konflikte und Traumata. Können wir diese psychodynamischen Überlegungen auch auf die aktuellen kollektiven Prozesse anwenden?
Darüber sinnierte schon Sigmund Freud in seinen späten Jahren. Immer wieder beschäftigte sich die Psychoanalyse mit dem Thema warum wir uns gegenseitig in Kriegen vernichten. Als Psychotherapeuten haben wir gerade jetzt eine besondere Verantwortung. Wir wissen, dass Heilung stattfindet, wenn Unbewusstes bewusst wird. Die Zeitenwende ist auch eine Aufforderung, aktiv zu werden und die Destruktion zu stoppen. Wenn wir uns für inneren und äußeren Frieden einsetzen nehmen wir unser Schicksal wieder in die eigenen Hände. Das wäre demokratische Selbstermächtigung und eine Zeitenwende in eine positive Zukunft.
Kurzvita: Dr. med. Ingrid Pfanzelt, geboren 1956, wuchs in einem idyllischen bayerischen Dorf in einer Unternehmerfamilie auf. Wohlstand und Bildung waren selbstverständlich, das Land boomte, und so war auch das Lebensgefühl ihrer Jungend. Da passte allerdings der Vietnam ‑Krieg nicht hinein. Um diesen Widerspruch zu verstehen politisierte sie sich und engagiert sich seitdem in der Friedensbewegung. Das Medizinstudium in Italien verschaffte ihr einen Blick über den politischen und gesellschaftlichen Tellerrand hinaus. Ihre Mitarbeit in verschiedenen Hilfsprojekten in Nicaragua, Afrika, Syrien und im Irak zeigten ihr die verheerende hegemoniale Politik des Westens. Nicht nur geografische, sondern ebenso ideologische Grenzen zu überschreiten, gehört auch beruflich zu ihrem Leben. So verbindet sie als Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychoanalytikerin die Psychosomatik mit der Homöopathie. Sie hat zwei Söhne, lebt in München und arbeitet in ihrer Praxis als Kassenärztin. Die gesellschaftlichen Entwicklungen während der Corona-Zeit und seit Ausbruch des Ukraine-Krieges erschrecken sie zutiefst. Ihrer Meinung nach ist die psychologische Reflexion zum Verständnis dieser Entwicklung ebenso wichtig wie das praktische Tun. Deshalb versucht sie, alte und neue Friedensbewegung zu verbinden und tritt als Rednerin auf Friedensdemonstrationen auf, zuletzt auf der Demonstration von „Macht Frieden“ am 15.2.2025.
Doris Pumphrey
Friedensbewegung im Spannungsfeld zwischen der unipolaren und multipolaren Weltordnung
Die Friedensbewegung in Deutschland im Spannungsfeld zwischen der alten, vom NATO-Westen dominierten Welt und der sich entwickelnden neuen multipolaren Weltordnung.
Gegenstand der Betrachtung ist die Friedensbewegung, wie sie in ihrer Gesamtheit nach außen erscheint. Was ist aus ihr geworden seit jenen 1980iger Jahren der Massenmobilisierung gegen die Stationierung der US-Mittelstreckenraketen in der alten BRD.
Die Welt hat sich seitdem geändert. Nach der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Vertrages gingen die USA ungehindert gegen Länder vor, die sich ihrem Diktat nicht beugten unter dem Deckmantel „humanitärer Interventionen“ und „Krieg gegen den Terror“. Die NATO rückte immer weiter nach Osten vor und ignorierte systematisch alle Verhandlungsangebote Russlands über gegenseitige Sicherheitsgarantien. Das „bis hierher und nicht weiter!“, das Putin im Februar 2022 der NATO deutlich machte, wirkte geopolitisch wie ein Katalysator und beschleunigte die Dynamik des Kampfes zwischen US-Hegemonie versus multipolare, demokratische Weltordnung. Wie hat die Friedensbewegung auf all diese Entwicklungen reagiert? Wo positioniert sie sich heute im Hinblick auf die geopolitischen Auseinandersetzungen?
Insbesondere wird in dem Vortrag die Frage behandelt, warum die Friedensbewegung, trotz all ihrer Bekenntnisse zur Verantwortung vor der Geschichte und zum Antifaschismus unfähig war/ist, angemessen auf den NATO-Krieg gegen Russland zu reagieren, dessen Vorbereitung durch die NATO mit dem faschistischen Maidan-Putsch begann. Warum beschweigt sie die deutsche Unterstützung für ein Regime, das SS-Kollaborateure und Massenmörder als Nationalhelden feiert? Warum konfrontiert sie nicht die russophobe Hysterie in unserem Land, die einhergeht mit historischer Amnesie, Geschichtsrevisionismus und Revanchismus? Wird die Friedensbewegung endlich den Mut haben, dieser Entwicklung offensiv entgegenzutreten? Im kommenden Mai jährt sich zum 80sten Mal der Tag der Befreiung vom bzw. des Sieges über den deutschen Faschismus. Die Friedensbewegung ist gefordert.
Kurzvita: Geboren 1949 in Niederbayern, zwei Semester Politische Wissenschaften und Soziologie in Erlangen und aktiv im SDS. 1969 während einer politischen Aktion hat sie Ihren späteren Mann, George Pumphrey, kennengelernt, der als US-Soldat in Nürnberg stationiert war. 1970 wurde er wegen seiner Aktivitäten gegen den Rassismus und den Vietnam-Krieg als „unerwünscht“ aus der US-Armee entlassen. Sie folgte ihm in die USA und beide waren bis Ende 1971 in Verbindung mit der Black Panther Party politisch engagiert. Von einem Agent Provokateur in eine Falle gelockt, konnten beide noch rechtzeitig aus den USA 1972 nach Paris fliehen. Dort arbeitete sie als Druckerin, zudem politisches Engagement in Kooperation mit anti-kolonialen Befreiungsbewegungen, der Anti-Rassismus- und Friedensbewegung. Ab 1983 hatte sie Verbindung zur Auslandsaufklärung der DDR. Von 1987 bis 1990 war sie Mitarbeiterin einer Abgeordneten der Grünen im Bundestag; von 1991 bis 2002 Mitarbeiterin im Pressebüro der PDS im Bundestag. Von 2007 bis zur Rente Mitarbeiterin beim Linken Abgeordneten Diether Dehm. Stets aktiv in der Friedensbewegung.
Werner Rügemer
Der US-Kapitalismus als Kriegstreiber und die Neuordnung der Weltgesellschaft
Der US-Staat versteht sich als „einzige Weltmacht”, die namens ihres „national interest” im Klammergriff von Kapitalisten und Militärs Zugriff auf jeden Punkt der Erde beansprucht, auch mithilfe von untergeordneten Verbündeten. So haben die USA seit dem 2. Weltkrieg etwa hundert Kriege, regime changes u.ä. organisiert, auch die Förderung von Stellvertreter-Kriegern wie die Ukraine und Israel. Dagegen ist seit Jahren die globale Selbstorganisation des ungleich größeren „Restes”
imgange (BRICS, Neue Seidenstraße…), die endlich auch in Europa in beginnen muss.
Kurzvita: Dr. Werner Rügemer, interventionistischer Philosoph, Mitherausgeber von World Marxist Review, untersuchte bereits 1984 vor Ort in Silicon Valley die dunkle Seite der Digitalkonzerne: Umweltzerstörung, Niedriglöhnerei illegaler Migranten, Verbindung zur Rüstungsindustrie. Akutelle Bücher: Verhängnisvolle Freundschaft. Wie die USA Europa eroberten (2023); BlackRock Germany. Die heimliche Weltmacht, ihre Praktiken in Deutschland und Friedrich Merz, Berlin 2025. www.werner-ruegemer.de
Walter Schuhmacher
„Was tun? Deutschland neutral machen!”
Kann man HEUTE und ganz REAL in Deutschland irgendetwas gegen Krieg tun? Eine Antwort lautet: „Deutschland zum neutralen Staat machen” – und DAS zur zentralen Forderung der deutschen Friedensbewegung machen.
Im Vortrag werden die verschiedenen Phasen der deutschen Friedensbewegungen seit 1945 dargestellt. Es geht dabei um die pazifistischen Tendenzen, die Verwechslung von ‚Frieden für andere’ versus der ‚Angst vor dem eigenen Schaden’ durch Krieg und um den Unwillen, klar zu benennen, welche Staaten „Täter” und welche „Opfer” sind.
Auffällig ist im Rückblick, wie wenig gegen die Nato oder die USA agitiert wurde. Seit 2014 entwickelte sich eine „neue” deutsche Friedensbewegung unter dem Namen „Friedenswinter”. Während der Corona-Hysterie 2020–23 hat diese sich weiter radikalisiert und immer klarere Widersprüche zu den staatlichen Narrativen entwickelt: die Rolle der USA wurde stärker kritisiert, Deutschland wurde als ‚Vasall der USA’ gesehen und es entstanden Forderungen nach einem „Austritt Deutschlands aus der Nato”.
Aber selbst innerhalb dieser „neuen” Friedensbewegung bleibt die Forderung kontrovers und ist nicht mehrheitsfähig! Deshalb ist schlage ich folgende Forderung vor: „Deutschland zum neutralen Staat machen”. Die deutsche Neutralität soll dabei dem österreichischen Modell entsprechen. Deutschland darf keinem Militärbündnis angehören, kann aber eine eigene Armee zur Selbstverteidigung unterhalten. Wirtschaftliche Bündnisse (EU) sind davon unberührt. Diese Forderung kann konkret umgesetzt werden, indem wir die Kampagne auf dem NGfP-Kongress 2025 offiziell starten lassen, parlamentarische Initiativen beginnen und dafür Unterschriftenlisten sammeln und auf Demos & Kundgebungen diese Parole vertreten.
Kurzvita: Walter Schumacher, Dipl. Math., Rentner, studierte an der RWTH Aachen Mathematik und VWL. Ab 1980 Entwicklung und Realisierung von Betriebsleitsystemen im ÖPNV, ab 2006 als Berater. 2008 Ausbildung zum Psychologischen Heilpraktiker, eigene Praxis von 2010 bis 2018. Seit dem Jugoslawienkrieg bis heute aktiv in der Antikriegs-Bewegung.
Laura von Wimmersperg
Praktische Friedensarbeit am Beispiel der Berliner Friedenskoordination
Es geht um Geschichte, Struktur und Arbeitsweise der Koordination, um Inhalte und Ziel unserer Arbeit. Es geht um gesellschaftspolitische Veränderungen, um die sich daraus ergebenden Probleme bzw. unseren Umgang mit ihnen. Es geht um Verantwortung und Solidarität, und wie die vielfältigen Herausforderungen in unserer Arbeit auch als Chancen für jeden einzelnen von uns verstanden werden können.
Kurzvita: Laura von Wimmersperg ist 1934 in Berlin geboren. Bis zur Flucht im Januar 1945 Kindheit in Breslau. 1948 zogen wir von Greiz / SBZ, (DDR) nach Berlin (West). Für meine Entwicklung In den folgenden Jahren sind zwei Erfahrungsbereiche erwähnenswert: mein Engagement in einer Gruppe der Bündischen Jugend und lange Krankenhausaufenthalte aufgrund einer TBC. Den daraus erwachsenen Wunsch Lehrerin zu werden zu realisieren, schien ohne Abitur aussichtslos. Erst als nach dem Sputnik-Schock der Zweite Bildungsweg eingeführt wurde, konnte ich studieren. Danach 20 Jahre Lehrerin an der Hauptschule und parallel Lehrbeauftragte am Erziehungswissenschaftlichen Institut der FU. Sensibilisiert durch Studentenbewegung, Psychoanalyse und die Probleme im Beruf begann ich politisch aktiv zu werden. 1980 Mitbegründerin der ersten bezirklichen Friedensinitiative in Westberlin. Moderatorin der Friedenskoordination seit 1995.
Donnerstag 10.04.
14:00 Einschreibung zum Kongress
15:00 Conny Stahmer-Weinandy und
Benjamin Lemke Eröffnung
15:30 Laura von Wimmersperg
Friedensarbeit als Aufklärungsarbeit
und Doris Pumphrey
Friedensbewegung zwischen der alten und
der neuen multipolaren Weltordnung
16:20 Diskussion 16:50 Pause
17:00 Christiane Reymann
Systemkritik in Sklavensprache?
17:30 Diskussion 17:50 Pause
18:00 Anneliese Fikentscher & Andreas Neumann
Der Mensch als Waffe und Kriegsschauplatz
18:30 Diskussion 18:50 Pause
19:00 Ingrid Pfanzelt
„Zeitenwende“: psychoanalytische Reflexionen einer Ärztin und Friedensaktivistin über ein brennend aktuelles Phänomen
19:30 Diskussion bis 19:50
20:00 Empfang
Freitag 11.04.
10:00 Wolfgang Effenberger
Die künftigen Konflikte – Ursachen
und Wege aus der Gefahr
10:30 Diskussion 10:50 Pause
11:00 Werner Rügemer
Der US-Kapitalismus als Kriegstreiber und die Neuordnung der Weltgesellschaft
11:30 Diskussion 11:50 Pause
12:00 Rudolph Bauer
Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg
12:30 Diskussion 12:50 Pause
12:50 Pause
15:00 Karin Leukefeld
Nach der Verwüstung von Gaza
15:30 Diskussion 15:50 Pause
16:00 Sarah El Bulbeisi
Tabu und Trauma: Palästinenser*Innen
in Deutschland
16:30 Diskussion 16:50 Pause
17:00 Walter Schumacher
Was tun? Deutschland neutral machen!
17:30 Diskussion bis 17:50 Pause
18:00 Diskussionsabend zum Thema
Neutralität
Samstag 12.04.
10:00 Michael Meyen
Journalismus und Macht. Warum die Leitmedien
ihren öffentlichen Auftrag nicht erfüllen
10:30 Diskussion 10:50 Pause
11:00 ChristianDewanger
Der Krieg war nie weg
11:30 Diskussion 11:50 Pause
12:00 Mark Galliker & Daniel Weimer
Warum wird Kriegspolitik unterstützt?
12:30 Diskussion 12:50 Pause
12:50 Pause
15:00 Armin Bernhard
Zur Notwendigkeit einer Pädagogik der
Kriegsuntüchtigkeit
15:30 Diskussion bis 15:50
16:00 Leo Ensel
Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung
des Ukraine Krieges stumm und folgenlos?
16:30 Diskussion 16:50 Pause
17:00 Corinna Oesch
Das Omniwar-Konzept und die gegenwärtige
Friedensbewegung
17:30 Diskussion 17:50 Pause
19:00 Geselliger Abend (siehe Organisatorisches)
Café Bilderbuch Schöneberg
Sonntag 13.04.
12:00 Mitgliederversammlung
Die letzten Kongresse
2023. Neue Normalität
Kongressband: K.-J. Bruder, A. Bruder-Bezzel, B. Lemke & C. Stahmer-Weinandy (Hg.) (2024). Die Neue Normalität: Auf dem Weg in die Dystopie. Wien: Promedia Verlag.
2022. Corona. Inszenierung einer Krise
Kongressband: K.-J. Bruder, A. Bruder-Bezzel & J. Günther (Hg.) (2022). Corona. Inszenierung einer Krise. Berlin: Sodenkamp & Lenz.
2020. „Digitalisierung“ – Sirenengesänge oder Schlachtrufe einer kannibalistischen Weltordnung?
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch, B. Nielsen, J. Günther & R. Zimmering (Hg.) (2020). „Digitalisierung“ – Sirenengesänge oder Schlachtrufe einer kannibalistischen Weltordnung? Frankfurt: Westend Verlag.
2019. Krieg nach innen, Krieg nach außen. Die Intellektuellen als Stützen der Gesellschaft?
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch, & J. Günther (Hg.) (2019). Krieg nach innen, Krieg nach außen – und die Intellektuellen als »Stützen der Gesellschaft«? Frankfurt am Main: Westend Verlag.
2018. Die Paralyse der Kritik: Eine Gesellschaft ohne Opposition.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch, B. Leuterer & J. Günther (Hg.) (2019). Paralyse der Kritik – Gesellschaft ohne Opposition? Gießen: Psychosozial.
2017. Gesellschaftliche Spaltungen.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & J.Günther (Hg.) (2018). Gesellschaftliche Spaltungen. Zur Wahrnehmung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit in Politik und Gesellschaft. Gießen: Psychosozial.
2016. Migration und Rassismus.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch (Hg.) (2017). Migration und Rassismus. Politik derMenschenfeindlichkeit. Gießen: Psychosozial.
2015. Krieg um die Köpfe.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & J.Hein (Hg.) (2016). Krieg um die Köpfe. Der Diskurs der Verantwortungsübernahme – psychologische, sozialwissenschaftliche und medienkritische Betrachtungen. Gießen: Psychosozial.
2014. Symposium: Trommeln für den Krieg.
Eine Auswahl der Vorträge ist derzeit auf www.ngfp.de abrufbar.
2013. Machtwirkung und Glücksversprechen.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Lemke (Hg.) (2014). Machtwirkung und Glücksversprechen. Gewalt und Rationalität in Sozialisation und Bildungsprozessen. Gießen: Psychosozial.
2012. Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Lemke (Hg.) (2013). Sozialpsychologie des Kapitalismus – heute. Zur Aktualität Peter Brückners. Gießen: Psychosozial.
2011. Macht – Kontrolle – Evidenz.
Kongressband: K.-J. Bruder, Chr. Bialluch & B. Leuterer (Hg.) (2012). Macht – Kontrolle – Evidenz. Psychologische Praxis und Theorie in den gesellschaftlichen Veränderungen. Gießen: Psychosozial
Organisatorisches
Anmeldung:
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Anmeldung erfolgt online über die Homepage: https://www.ngfp.de/ Wir bitten jedoch um Spenden, um die Kosten gut bewältigen zu können. Bevorzugt per Überweisung vorab:
Empfänger: Neue Gesellschaft für Psychologie
IBAN: DE56 8309 4495 0003 4129 11
Betreff: Spende
BIC: GENODEF1ETK
Veranstaltungsorte:
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4
10405 Berlin
Anfahrt über S‑, U‑, und Regionalbahnhof Alexanderplatz mit der Tram M4 (stadtauswärts) oder den Buslinien 142 und 200.
Haltestelle ist jeweils „Am Friedrichshain“.
Geselliger Abend Samstag 19:00
mit Arnulf Rating, Michael Schneider, Connie Kunze
Annette Ruprecht, Malte und Sinclair
Cafe Bilderbuch Schöneberg
Akazienstraße 28 (Schöneberg) 10823 Berlin
Anfahrt mit M4, oder Bus zum Alexanderplatz, weiter mit jeder S bis Friedrichstr, von dort mit
S‑1 Richtung Wannsee, Station Julius-Leber-Brücke
https://cafe-bilderbuch.de/info/location.html
Übernachtungsmöglichkeiten
(Mitte/Prenzlauer Berg):
Hotel Alex: https://hotel-alex-berlin.de/
Gold Palais Hotel: https://goldpalaishotel.com/
Victor’s Residenz-Hotel Berlin Mitte: https://www.victors.de/
Leonardo Royal Hotel Berlin Alexanderplatz: https://www.leonardo-hotels.de/berlin/
Kontakt:
Anmerkungen und Fragen schicken Sie gerne an: kongress2025@ngfp.de
Abschließend noch eine große Bitte:
Sollten Sie trotz Anmeldung nicht am Kongress teilnehmen können, schicken Sie uns bitte kurz eine Nachricht, damit wir den frei gewordenen Platz neu vergeben können.